Omikron nahm seinen Anfang im Oktober 2021 und verbreitet sich schnell über den Globus. In einigen Ländern ist die Omikron-Welle bereits abgeschlossen, was erlaubt, ihre Gesamtauswirkungen zu bestimmen. Ich komme zu einigen interessanten Ergebnissen:
Omikron ist weit milder als Delta: im Schnitt verstarb nur einer von 14.500 Einwohnern mit oder durch Omikron, von den Infizierten einer von 322.
Keine Durchseuchung: Auch das infektiöse Omikron befiel, über die gesamte Welle aufsummiert, nur einen kleinen Teil der Bevölkerung, im Schnitt nur einen von 25 Einwohnern.
Eine hohe Impfquote brachte keinen messbaren Schutz vor schweren Verläufen: Steigt die Impfquote in der Bevölkerung über 25%, ist keine weitere Verringerung feststellbar in Fallsterblichkeit oder Gesamtzahl der Verstorbenen.
Die Impfung brachte keinen messbaren Fremdschutz: In Ländern mit hoher Impfquote infizierten sich im Schnitt dreimal mehr Menschen mit Omikron (8,5%) als in Ländern mit niedriger Impfquote (2,6%).
Der Hauptfaktor für die Gesamtzahl der Infektionen ist nicht die Impfquote, sondern der Altersschnitt der Bevölkerung. In Ländern, deren Altersschnitt über 30 Jahren liegt, ist eine mehr als sechs mal so hohe Zahl (7,3%) positiv getestet worden wie in Ländern mit jüngerer Bevölkerung (1,2%).
Überraschenderweise ist die Fallsterblichkeit in den Ländern mit jüngerer Bevölkerung dreimal so hoch (0,47%) wie in den anderen (0,13%).
In den meisten Ländern dauerte es nur 2-3 Wochen vom Anlaufen der Welle bis zum Höchstpunkt und weitere 2-3 Wochen, bis die Inzidenz wieder auf ein Viertel des Höchstwerts absank. In den langwierigsten Fällen, Südafrika und Namibia, dauerte es insgesamt 45 Tage vom ersten Ausschlag der Inzidenz bis die Welle im Wesentlichen beendet war.
Flächenstaaten, die Corona-Maßnahmen ergreifen, bleiben nicht unbedingt bei niedrigeren Inzidenzen als Staaten, die Omikron laufen lassen. Stattdessen ebbt die Welle nach dem Hochpunkt nicht wieder komplett ab, sondern verharrt eine Zeit lang auf einem Niveau von ca. 50% des vorherigen Wellengipfels.
Für Deutschland sind 5-10 Millionen Infektionen zu erwarten, wodurch die natürliche Immunität nur auf rund 20% steigen würde, und eine Zahl von 7.500 Todesfällen mit oder durch Omikron. Im Vergleich kosteten die fünf letzten schweren Grippewellen in Deutschland je rund 20.000 Menschen das Leben. Ich denke, dass wir den Höchstpunkt der Welle in den nächsten 10 Tagen sehen werden und bis 13.2.2022 die Fallzahlen schon wieder sinken werden.
Nutzen und Schaden einer Impfpflicht muss sich an der Zahl der zu erwartenden schweren Covid-Fälle (z.B. 7.500 Tote in Deutschland) im Vergleich zu schweren Impfschäden messen lassen. Es gibt Verdachtsmomente für eine deutlich höhere Zahl an Todesfällen in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung. Das ergibt sich aus Analysen der Übersterblichkeit in England, Deutschland und weltweit und Analysen der VAERS-Daten für die USA.
Berechnungen
In der Analyse ergaben sich drei Kategorien von Ländern, die tendenziell ähnliche Beobachtungen aufwiesen und die ich mit unterschiedlichen Farben und Symbolen markiere:
Alter < 30: Länder, in denen das Median-Alter unter 30 Jahre beträgt. In der Regel Emerging Markets mit geringem Durchschnittseinkommen
Alter > 30, Impfung < 70%: Länder, in denen das Median-Alter über 30 Jahre beträgt und die Impfquote weniger als 70%
Alter > 30, Impfung > 70%: Länder, in denen das Median-Alter über 30 Jahre beträgt und die Impfquote mehr als 70%. Zu ihnen gehören auch die einzigen europäischen Staaten Irland und Malta
Anmerkung: Dass die Fallzahlen anders aussehen als die des RKI, ergibt sich daraus, dass Our World in Data (OWID) den gleitenden Durchschnitt über die letzten sieben Tage bildet und auf eine Million Einwohner normiert, während das RKI die Summe über die letzten sieben Tage pro 100.000 Einwohner zählt, man muss also den Faktor 0,7 zur Umrechnung verwenden. In der folgenden Betrachtung bleibe ich bei der Zählweise von OWID.
Auswirkung der Impfquote
Aus der Sicht eines Landes, in dem eine allgemeine Impfpflicht diskutiert wird, liegt es nahe, zuerst den Effekt der Impfquote auf Fall- und Sterbezahlen zu betrachten.
Hier zeigt sich, dass die Länder mit hoher Impfquote die höchsten Fallzahlen hatten, bis zu 14% der Bevölkerung hatten sich im Lauf der Welle mit Omikron infiziert. Die Durchseuchung eines ganzen Landes wurde nicht einmal ansatzweise erreicht. Im Schnitt über alle Länder wurden 4% der Bevölkerung positiv getestet, also einer von 25 Einwohnern.
Die Impfung bewirkte auf Landesebene keinen Fremdschutz: In Ländern mit hoher Impfquote infizierten sich im Schnitt dreimal mehr Menschen mit Omikron (8,5%) als in Ländern mit niedriger Impfquote (2,6%). Deutschland gehört in die erstgenannte Kategorie.
Gerne wird argumentiert, die Länder mit niedriger Impfquote seien vor allem die afrikanischen Länder, die seien stark durchseucht und hätten daher quasi schon eine Herdenimmunität. Das lässt sich prüfen: In den Ländern, in denen vor Omikron schon viele Fälle aufgetreten waren, sollte es tendenziell eine niedrigere Zahl an Neuinfektionen geben.
Diese Annahme lässt sich nicht halten. Im Gegenteil: Je größer die Durchseuchung in den vorherigen Wellen war, desto höher die Anzahl der Neuinfizierten. Jedes Land scheint eine bestimmte Empfänglichkeit für Covid-Erkrankungen zu haben, die sich wiederholt bemerkbar macht.
Nun wird mantra-artig wiederholt, dass eine Impfung zumindest zu weniger schweren Verläufen führe. Länder mit hoher Impfquote sollten eine geringere Zahl von Covid-19-Toten haben als Länder mit niedriger Impfquote.
Auch das ist nicht der Fall, zumindest, wenn man die Gesamtbevölkerung betrachtet. Curacao betrachte ich auch in dieser Auswertung als statistischen Ausreißer und vermute, dass seine hohe Sterberate auf einem anderen Grund beruht als das Alter.
Im Einzelfall sieht es vielleich anders aus? Die Fallsterblichkeit gibt das Risiko eines Infizierten an, zu versterben. Die sollte in Ländern mit höherer Impfquote niedriger sein.
Auch diese Annahme lässt sich nicht belegen: Schon ab einer Impfquote von 25% ist keine Verringerung der Fallsterblichkeit mehr zu beobachten.
Auswirkung des Alters
Wie in vielen Analysen zuvor komme ich auch hier zu dem Schluss, dass die Impfquote nicht die entscheidende Rolle für das Infektionsgeschehen spielt. Dieses Mal machte ich mich auf die Suche, was der wichtigste Faktor ist, und wurde im Alter der Bevölkerung fündig. Als Altersschnitt wird hier der Median verwendet, im Unterschied zum Durchschnitt gibt er den Alterswert an, der von 50% der Bevölkerung überschritten und 50% unterschritten wird.
Eine ältere Bevölkerung infiziert sich also in größerer Zahl mit Omikron, doch wie sieht es mit der Sterblichkeit aus? Die vorherigen Wellen waren vor allem für die älteren Mitmenschen tödlich.
Aus deutscher Sicht ist es beruhigend, dass in den Ländern mit älterer Bevölkerung der Anteil an durch oder mit Omikron verstorbenen Einwohnern nicht wesentlich größer ist als in den Ländern mit jüngerer Bevölkerung. Curacao betrachte ich auch in dieser Auswertung als statistischen Ausreißer und vermute, dass seine hohe Sterberate auf einem anderen Grund beruht als das Alter.
Eine Betrachtung der Fallsterblichkeit (also der Gefahr für einen Infizierten, zu versterben) überrascht:
In den Ländern mit älterer Bevölkerung ist die Fallsterblichkeit (0,13%) sogar niedriger als in den Ländern mit jüngerer Bevölkerung (0,47%).
Berechnungsweise
Anhand von Our World in Data habe ich bestimmt:
Startdatum: Übergang zum exponentiellen Anstieg der Fallzahlen
Peakdatum: Datum des maximalen Inzidenzwerts
Peakwert: Höchster aufgetretener Inzidenzwert
Enddatum: Datum, an dem die Inzidenz wieder auf 25% des Peakwerts zurückfiel
Auf Github liefert Our World in Data eine Datei, die für jeden Tag und jedes Land Werte liefert und aus denen sich die Gesamtzahl der zwischen Start- und Enddatum infizierten und verstorbenen berechnen lässt. Einige fehlende Werte habe ich per Internetrecherche ergänzt.
Omikron-Ursprungsländer
Schon in der ersten Dezemberhälfte 2021 zog Omikron durch die drei Nachbarländer Südafrika, Eswatini (ehemals Swasiland) und Namibia. Eswatini erlebte als kleines Land einen schnellen Durchmarsch von Omikron und innerhalb eines Kalendermonats war das Thema erledigt. In Südafrika und Namibia verweilte Omikron länger, vermutlich, da es sich um Flächenstaaten handelt. Die Inzidenzen blieben sehr niedrig, was viele auf eine in den vorherigen Wellen erreichten Durchseuchung zurückführen, doch einen Durchseuchungseffekt konnte ich nicht bestätigen (s.o.). Ich vermute, dass es an einer geringen Bevölkerungsdichte und niedrigeren Anzahl von Tests liegt.
Sprungbretter
Im Verlauf des Dezembers gelang der Sprung auf andere Kontinente durch Malta, Mauretanien und die Komoren (Südamerika). Bis auf Malta blieb es bei niedrigen Inzidenzen
Hohe Wellen Ende 2021
Durch Aruba und Curacao (Südamerika), Irland, Montenegro und Zypern lief Omikron mit hohen Inzidenzen von 4.000–8.000 und verebbte ähnlich schnell wie es kam.
Weitere Inselstaaten
Im Januar liefen Omikron-Wellen durch die Inselstaaten Saint Kitts and Nevis, Bahamas, Cape Verde, Sao Tome and Principe. Sie blieben bei relativ niedrigen Inzidenzen, unter 2.700.
Verzögerer
Australien, Kanada, Großbritannien und Griechenland weichen stark vom Vorbild der bisher betrachteten Länder ab:
In ihnen ebbt die Welle erst einmal nur auf 50% des Höchstwerts ab und verharrt dort. Ihre Eindämmungsmaßnahmen haben nicht dazu geführt, dass der Gipfel der Welle niedriger ist als in den anderen Ländern. Dass die Welle nicht kontinuierlich abklingt, ist vielleicht daraus zu erklären, dass es sich um Flächenstaaten handelt, in denen in verschiedenen Regionen Omikron-Wellen zeitversetzt auftreten.
Fazit
Die wesentlichen Erkenntnisse hatte ich schon in der Einleitung zusammengefasst. Nach dieser Analyse sehe ich Omikron noch entspannter entgegen als zuvor und spreche mich dafür aus, dem Vorbild vieler Länder zu folgen, die wieder lockern und die Maßnahmen eher im Sinne der Great-Barrington-Erklärung ausrichten als an No-Covid oder Zero Covid.
Kommen Sie gut durch die Welle,
Leonard Frey
(Pseudonym)