Die UK Health Agency veröffentlichte am 13. Januar 2022 einen neuen Corona-Wochenbericht: COVID-19 vaccine surveillance report, Week 2, 13 January 2022. Er zeigt interessante Zahlen zur Wirksamkeit des bestehenden Impfschutzes gegenüber Omikron, wie schnell er nachlässt, dass die Geimpften inzwischen die Hauptrolle im Infektionsgeschehen spielen und dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis der Impfung bei Omikron 10 mal schlechter ist als bei Delta.
Suggestive Darstellung des Impfschutzes
Ab Seite 12 des Berichts wird auf die Effektivität der Covid-19-Impfung gegen Omikron eingegangen, hier der berechnete Schutz vor symptomatischer Infektion für Pfizer/Biontech:
Die Darstellung ist irreführend, da ein Messpunkt, der Wirkungslosigkeit anzeigt (0% Wirksamkeit), fast in der Mitte des Diagramms angezeigt wird, statt ganz unten. Optisch erscheint die Wirksamkeit dadurch größer und weniger stark nachlassend, als die Zahlen belegen. Beschränken wir uns auf die Angaben für Omikron unter Pfizer/Biontech und stellen die Wertebereiche korrekt dar, sieht das Diagramm folgendermaßen aus:
Mäßiger Schutz, der schnell nachlässt
Als graue Kreise dargestellt ist der Schutz vor symptomatischer Omikron-Infektion, ausgehend von zwei Impfungen mit dem Impfstoff von Pfizer/Biontech. Von links nach rechts läuft die Zeit, angefangen links mit der zweiten Impfdosis.
Man sieht, wie nach 2 Impfdosen der „vollständige Impfschutz“ nur zu rund 60% vor symptomatischer Omikron-Infektion schützt. Über diesen Schutz kann sich der Geimpfte aber nur ein paar Wochen lang freuen, denn er sinkt jeden Monat um ca. 12%, bietet bereits nach 2 Monaten nur noch den Schutz von 25% und geht bis auf 10% zurück. An der senkrechten gestrichelten Linie wird eine Booster-Impfung angesetzt und nach rechts der zeitliche Verlauf von deren Schutzwirkung dargestellt.
Für Geboosterte sind nur kurzfristige Daten vorhanden, bis ca. 10 Wochen nach der Impfung. Kurz nach der Impfung wird für diese ein Schutz von ca. 70% angegeben, der ca. 10% pro Monat nachlässt. Sinkt die Wirksamkeit weiter ab, wie die Zeitreihen es andeuten, stellt sich die Situation für einen Menschen, der sich heute (Januar 2022) impfen lässt, folgendermaßen dar:
Erhalten Sie heute Ihre dritte Impfung, sind Sie laut Bericht zu ca. 70% gegen symptomatische Verläufe von Omikron-Infektionen geschützt, haben in 30 Wochen (August 2022) aber nur noch 15% Impfschutz.
Erhalten Sie heute die zweite Impfdosis, können Sie in zwei Wochen von einem Omikron-Schutz von 45% ausgehen, der schon in 5 Monaten (Juli 2022) auf 15% sinkt.
Diese Beobachtungen passen zu einer britischen Studie, bei denen die zweifach Geimpften ebenfalls am häufigsten infiziert, aber die Geboosterten besser geschützt waren. Eine Grobabschätzung von mir und eine Statistik aus Dänemark widersprechen dem insofern, dass sich für Geboosterte kein statistischer Vorteil im Infektionsgeschehen ergab. Die Indizienlage ist für Geboosterte also nicht eindeutig.
Alle zwei Monate Boostern?
Wollten Sie den Ergebnissen des britischen Berichts entsprechend permanent zu mindestens 50% vor symptomatischer Omikron-Infektion geschützt sein, wäre alle zwei Monate eine Auffrischungsimpfung nötig. Nach der ersten Boosterung heute käme Im März also die zweite, im Mai die dritte, im Juli die vierte, im September die fünfte und so weiter. So lange, bis ein Impfstoff zugelassen wird, der gegen Omikron wirksam ist, seine Prüfungs- und Zulassungsverfahren durchlaufen hat und in ausreichender Menge produziert wurde. Und mit jedem einzelnen Impfvorgang ist aufs Neue das Risiko unerwünschter Nebenwirkungen verbunden.
Nutzen-Risiko-Verhältnis 10 mal schlechter als zuvor
Das Nutzen-Risiko-Verhältnis ist ein zentraler Punkt des Zulassungsverfahrens jeder medizinischen Maßnahme. Sämtliche Covid-Impfstoffe haben teils lebensgefährliche Nebenwirkungen und nur eine bedingte Zulassung, die beendet werden sollte, wenn sich herausstellt, dass die Impfung mehr Risiko als Nutzen bedeutet oder es bessere Alternativen gibt.
Omikron verläuft deutlich milder als Delta und hat eine Hospitalisierungsquote, die 50-70% niedriger ist als von Alpha. Hinzu kommt, dass der Impfschutz im Mittel nur 50% oder weniger beträgt, selbst wenn er nach wenigen Monaten immer wieder erneuert würde. Der Nutzen der Impfung sinkt also ungefähr um den Faktor 5.
In der Zulassung der mRNA-Impfstoffe waren zwei Impfdosen für den Komplettschutz geplant. Mit der zweiten Boosterung verdopppelt sich die Zahl der Impfungen, und das Risiko steigt um den Faktor 2. In Konsequenz ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis unter Omikron etwa 10 mal schlechter als unter Delta.
Für Kinder und junge Erwachsene sprach das Nutzen-Risiko-Verhältnis schon unter Delta eher gegen eine Impfung, unter Omikron definitiv.
EMA zweifelt an vierter Impfung
So bezweifelt die EMA, die für die Zulassung von Arzneimitteln in Europa zuständig ist, dass eine vierte Impfdosis sinnvoll ist.
Welle der Geimpften
Auf Seite 43 wird der Anteil der Infizierten unter den Geimpften und der Anteil der Infizierten unter den Ungeimpften angegeben. Beides sind also relative Angaben, die miteinander vergleichbar sind, unabhängig von der Größe der einen oder anderen Gruppe:
Eine visuelle Auswertung ergibt
Da Omikron im Beobachtungszeitraum schon 90% der Neuinfektionen ausmachte, ließe sich die unintuitive Schlussfolgerung ziehen, dass die in der Bevölkerung feststellbare Schutzwirkung der Impfung gegen Omikron negativ ist: Ein zweifach Geimpfter in Großbritannien hat eine doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit, an Omikron zu erkranken wie ein Ungeimpfter.
Was bedeutet das? Wie vielfach belegt (allgemeiner Ländervergleich und Omikron-Ländervergleich), ist die Impfung und Impquote nicht das entscheidende Kriterium zum Epidemieverlauf: Impfschutz kann unterschiedlich stark sein und nachlassen, Geimpfte können sich sorgloser verhalten und den Virus stärker verbreitern, und vielleicht leben die, die bis jetzt noch nicht geimpft sind, einfach vorscihtiger und gesünder. Viele Erklärungen sind möglich, und eine genaue Antwort erfordert weitere Untersuchungen.
Definitiv widerlegt diese Statistik aber Polemiken wie „Welle der Ungeimpften“.
Fazit
Längst machen Ungeimpfte nicht mehr den Brennpunkt des Infektionsgeschehens aus. mRNA-Impfstoffe bieten einen begrenzen und schnell nachlassenden Schutz. Mit den vorhandenen Impfstoffen müsste alle zwei Monate geboostert werden, um einen Schutz von wenigsten 50% aufrecht zu erhalten. Durch die Mildheit von Omikron und den schnell schwindenden Impfschutz verschlechtert sich das Nutzen-Risiko-Verhältnis einer Impfung um den Faktor 10. Wer jetzt noch eine Impfpflicht anordnet, vor allem für Kinder, führt der Bevölkerung einen Schaden zu, der nicht mehr zu rechtfertigen ist.
Wir können zwar nicht ausschließen, dass sich wieder eine gefährlichere Covid-Variante verbreitet, aber die Pandemie-Erfahrungen aus der Geschichte sprechen dagegen. Und selbst im Fall, dass es passieren sollte, können wir nicht erwarten, dass vorhandene mRNA-Impfstoffe einen nennenswerten und länger anhaltenden Schutz vor ihr bieten. Stattdessen bietet sich die Chance, mit einer milden Covid-Variante in der Bevölkerung Immunschutz auf natürliche (und für Geimpfte abgefederte) Weise aufzubauen, der umfassender und vielschichtiger ist.
Vielleicht geschieht das bald, ohne dass wir uns bewusst dafür entscheiden. Schweden, Spanien, Großbritannien, Südafrika und Israel machen es gerade durch. Und in den drei letztgenannten Ländern sinken die Fallzahlen nach wenigen Wochen schon wieder deutlich.
Bleiben Sie gesund,
Leonard Frey
(Pseudonym)